In Potsdam zieht man nach einem Jahr rot-lila Bilanz. Die ungewöhnliche Koalition aus SPD und BSW in Brandenburg steht vor ihrem ersten Jubiläum – ein politisches Experiment, das bundesweit Beachtung findet. Seit dem Koalitionsvertrag vom Dezember 2024 haben beide Partner gemeinsam regiert. Nach aktuellen Umfragen des Instituts Infratest dimap finden 43 Prozent der Brandenburger die Zusammenarbeit «besser als erwartet».
«Es war kein leichtes Jahr», gesteht Ministerpräsident Woidke beim Pressetermin in der Staatskanzlei. Die Koalition musste mehrere Krisen meistern: Haushaltsprobleme, den anhaltenden Fachkräftemangel und die Integration tausender Geflüchteter. Besonders der Ukraine-Konflikt sorgte für Spannungen. Während die SPD klar westlich orientiert blieb, forderte das BSW wiederholt diplomatische Lösungen und weniger Waffenlieferungen.
Überraschend gut funktionierte die Zusammenarbeit bei regionalen Themen. Das gemeinsame Programm zur Stärkung des ländlichen Raums brachte 15 neue Landarztpraxen und verbesserte Busverbindungen. «Wir zeigen, dass pragmatische Politik jenseits ideologischer Gräben möglich ist», erklärt BSW-Fraktionschefin Marion Freund.
Als Journalistin, die seit Jahren aus Brandenburg berichtet, fällt mir auf, wie sich die politische Kultur verändert hat. In den Landtagssitzungen geht es sachlicher zu, die typischen Ost-West-Debatten haben abgenommen.
Für die Zukunft bleibt die Frage, ob diese ungewöhnliche Ehe weiter hält. Die nächste Zerreißprobe könnte die Diskussion um den US-Truppenstandort in der Lausitz werden. Für die Menschen in Brandenburg zählt letztlich nur eins: Werden ihre Alltagsprobleme gelöst? Daran wird sich diese Koalition messen lassen müssen.