Die Debatte um die künftige SPD-Führung nimmt an Schärfe zu. Nach zahlreichen Spekulationen über eine mögliche Doppelspitze mit dem bisherigen Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas wächst der Widerstand in den eigenen Reihen. Vor allem Vertreter des linken Parteiflügels äußern Bedenken gegenüber dieser Konstellation, die als zu mittig und profillos kritisiert wird.
Ein führender SPD-Politiker aus Nordrhein-Westfalen, der anonym bleiben will, brachte es gestern auf den Punkt: «Mit dieser Kombination werden wir die 15-Prozent-Marke kaum überschreiten können. Uns fehlt die klare Kante.» Laut einer parteiinternen Umfrage, die mir gestern zugespielt wurde, sehen fast 40 Prozent der Funktionäre die Partei auf dem falschen Kurs.
Die Unzufriedenheit hat verschiedene Wurzeln. Während Klingbeil für seine ausgleichende Art geschätzt wird, fehlt vielen seine Positionierung bei zentralen sozialpolitischen Themen. Bärbel Bas hingegen gilt als integer, aber wenig durchsetzungsstark. «Wir brauchen jetzt Führungspersönlichkeiten, die auch mal auf den Tisch hauen können«, fordert Petra Köpping, Sozialministerin in Sachsen.
Besonders die Wahlniederlagen in Bayern und Sachsen haben die Nervosität in der Partei verstärkt. In Münchner SPD-Kreisen, wo ich letzte Woche unterwegs war, herrscht regelrechte Katerstimmung. Ein langjähriges Parteimitglied sagte mir beim Kaffee: «Es ist wie 1999. Wir verlieren unsere soziale Kernkompetenz.»
Gleichzeitig wächst die Unterstützung für Alternativkandidaten wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil oder die Hamburger Senatorin Melanie Leonhard. «Die Entscheidung fällt auf dem Parteitag im Dezember, nicht in Hinterzimmergesprächen«, betonte Kevin Kühnert kürzlich.
Für die SPD steht viel auf dem Spiel. Die sinkenden Umfragewerte und die wachsende Konkurrenz von rechts und links drohen die Partei in die Bedeutungslosigkeit zu drängen. Die Führungsdebatte wird nicht nur über Personen entscheiden, sondern auch darüber, ob die älteste demokratische Partei Deutschlands ihre Kernwählerschaft zurückgewinnen kann.