Es gibt Momente, die brennen sich ins kollektive Gedächtnis einer Fußballstadt ein. Für Siegen war es jener Sommerabend im Jahr 2000, als der Regionalligist Sportfreunde Siegen den damals amtierenden Bundesligameister Borussia Dortmund empfing. Vor 18.000 begeisterten Zuschauern im ausverkauften Leimbachstadion zeigte der Underdog, dass im Fußball manchmal tatsächlich alles möglich ist.
Was heute fast unvorstellbar scheint, war damals Realität: Die Sportfreunde, gerade erst in die Regionalliga aufgestiegen, begegneten dem Champions-League-Teilnehmer auf Augenhöhe. Der BVB war mit seinen Stars wie Jörg Heinrich, Heiko Herrlich und Sunday Oliseh angereist – doch die Siegener zeigten nicht den geringsten Respekt. «Wir haben uns vorgenommen, mutig zu spielen und nicht nur zu verteidigen», erinnert sich der damalige Sportfreunde-Kapitän Thomas Ruster. «Dass es dann so gut klappen würde, hat uns selbst überrascht.»
Besonders in Erinnerung blieb der Führungstreffer der Sportfreunde durch Ingo Freier, der das Leimbachstadion in ein Tollhaus verwandelte. Die Zuschauer sprangen von ihren Sitzen, ungläubiges Staunen machte sich breit. Zwar konnte der BVB später noch ausgleichen, doch das 1:1 fühlte sich für die Siegener wie ein Sieg an. «Die Stimmung war elektrisch», berichtet der damalige Siegener Trainer Ingo Peter. «Es war, als ob die ganze Stadt an diesem Tag zusammengerückt wäre.»
Was dieses Spiel so besonders machte, war nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Art und Weise, wie die Sportfreunde auftraten. Mit Selbstvertrauen, technisch versiert und taktisch klug stellten sie den Bundesligisten vor erhebliche Probleme. Matthias Sammer, damals BVB-Trainer, zollte den Siegenern nach dem Spiel seinen Respekt: «Sie haben uns alles abverlangt. Das war kein gewöhnlicher Testspielgegner.»
Heute, mehr als zwei Jahrzehnte später, hat sich vieles verändert. Die Kluft zwischen den Profiklubs und den Amateurvereinen ist größer geworden. Ein Duell auf Augenhöhe wie damals scheint kaum noch möglich. Doch in Siegen lebt die Erinnerung weiter – an jenen Tag, als David dem Goliath nicht nur die Stirn bot, sondern ihn beinahe zu Fall gebracht hätte.