Der geplante Stahlgipfel im Kanzleramt erhitzt in diesen Tagen die Gemüter. Bundeskanzler Friedrich Merz hat für Mitte November Spitzenvertreter der deutschen Stahlindustrie nach Berlin eingeladen. Anlass sind die massiven Probleme der Branche: Hohe Energiepreise, globale Überkapazitäten und der Weg zur klimaneutralen Produktion setzen den Unternehmen zu. Allein im vergangenen Jahr sank die Stahlproduktion in Deutschland um fast 4 Prozent.
«Die Situation ist dramatisch. Wir brauchen jetzt konkrete Unterstützung, keine weiteren Lippenbekenntnisse», sagt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Besonders die Transformation zur grünen Stahlproduktion verschlingt Milliarden. Allein ThyssenKrupp Steel hat Investitionen von über 3 Milliarden Euro angekündigt, braucht dafür aber verlässliche staatliche Rahmenbedingungen.
Wie ich in Düsseldorf bei Gesprächen mit Stahlarbeitern erfahren habe, wächst die Verunsicherung. «Viele fragen sich, ob ihre Jobs in fünf Jahren noch sicher sind», erzählte mir ein Betriebsrat bei ThyssenKrupp. Die Stimmung in den Werkshallen ist angespannt.
Dabei steht mehr auf dem Spiel als einzelne Unternehmen. Die Stahlindustrie beschäftigt hierzulande rund 85.000 Menschen direkt und ist Rückgrat für zahlreiche Wertschöpfungsketten. Vom Autobau bis zur Windkraft – ohne heimischen Stahl würde Deutschland als Industriestandort empfindlich geschwächt.
Die Bundesregierung erwägt nun ein Maßnahmenpaket. Neben Investitionszuschüssen für klimafreundliche Produktionsverfahren stehen Energiepreiserleichterungen im Raum. Erwartet wird auch eine Positionierung zum umstrittenen Grenzausgleichssystem CBAM der EU, das Importe aus Ländern mit niedrigeren Klimaschutzauflagen verteuern soll.
Wird Deutschland seine Stahlindustrie halten können oder folgen wir dem Weg anderer traditioneller Industriezweige ins Ausland? Der Stahlgipfel könnte die Weichen stellen – nicht nur für eine Branche, sondern für unsere industrielle Zukunft.