Der Ortskern von Steinhagen verwandelt sich an diesem Wochenende in eine politische Arena. Am Samstag bauen alle Parteien ihre Wahlkampfstände auf – unter verschärften Sicherheitsauflagen. Nach dem Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden und weiteren Übergriffen auf Wahlkämpfer hat die Kreispolizei Gütersloh für alle Infostände im Kreis erhöhte Schutzmaßnahmen angeordnet.
«Wir müssen jetzt einen Sicherheitsabstand von drei Metern zwischen den Ständen einhalten», erklärt Sabine Meyer von der CDU Steinhagen. «Außerdem braucht jeder Stand zwei Ordner, die mit gelben Westen erkennbar sein müssen.» Für kleine Ortsverbände bedeutet das eine enorme Herausforderung. Die Grünen-Vorsitzende Marie Brockmann findet deutliche Worte: «Wir sind ohnehin nur eine Handvoll Aktive. Wenn davon zwei als Ordner abgestellt werden müssen, bleibt kaum jemand für Gespräche mit Bürgern.»
Laut Polizeisprecher Sebastian Klüter werden die Beamten verstärkt Präsenz zeigen. «Die Sicherheit aller Beteiligten hat oberste Priorität, auch wenn wir die organisatorischen Schwierigkeiten der Parteien verstehen.» Tatsächlich gab es in Steinhagen bislang keine Vorfälle. Die FDP-Vertreterin Lisa Hoffmann zeigt sich dennoch besorgt: «Die Stimmung ist spürbar angespannter als bei früheren Wahlen.»
Bei meinem letzten Besuch auf dem Wochenmarkt fiel mir auf, wie leidenschaftlich, aber respektvoll die politischen Diskussionen in Steinhagen noch geführt werden. Ein seltenes Gut in aufgeheizten Zeiten. Doch nicht alle sehen die Maßnahmen kritisch. Bürgermeister Klaus Besser betont: «Wenn der Preis für friedliche demokratische Prozesse etwas mehr Organisation ist, sollten wir das in Kauf nehmen.»
Bleibt die Frage, ob solche Sicherheitsmaßnahmen die neue Normalität im demokratischen Wettbewerb werden. In Steinhagen jedenfalls versuchen die Parteien, trotz aller Hürden den direkten Kontakt zu den Bürgern zu suchen. Vielleicht liegt gerade darin der beste Schutz für unsere Demokratie.