In einer eindringlichen Rede vor dem Deutschen Bundestag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier heute an die historische Bedeutung des 9. Novembers erinnert und gleichzeitig vor aktuellen Gefahren für die Demokratie gewarnt. «Dieser Tag erinnert uns an das Beste und Schlimmste unserer Geschichte», sagte Steinmeier vor vollem Plenarsaal. Die jüngsten Umfragen zeigen: 56 Prozent der Deutschen sind besorgt über die zunehmende Polarisierung in der Gesellschaft.
Der 9. November steht in Deutschland für die ambivalente Geschichte des Landes – von der Novemberrevolution 1918 über die Reichspogromnacht 1938 bis zum Mauerfall 1989. Steinmeier nutzte diesen symbolträchtigen Tag, um die Errungenschaften der Demokratie zu würdigen, mahnte aber zugleich zur Wachsamkeit.
«Wir sehen heute, wie Extremisten unsere offene Gesellschaft bedrohen«, warnte der Bundespräsident. «Sie nutzen demokratische Mittel, um die Demokratie selbst zu schwächen.» Er rief die Bürger auf, Haltung zu zeigen und die demokratischen Werte zu verteidigen.
Besonders eindringlich wurde Steinmeier, als er von seiner kürzlichen Reise nach Sachsen berichtete. «In Gesprächen mit jungen Menschen dort spürte ich ihre Sorge um die Zukunft unseres Landes, aber auch ihre Entschlossenheit, sich zu engagieren.»
Die Rede fand großen Anklang bei Vertretern aller demokratischen Parteien. «Ein notwendiger Weckruf in herausfordernden Zeiten», kommentierte Oppositionsführer Friedrich Merz.
In Hamburg, wo ich gestern eine Gedenkveranstaltung besuchte, waren ähnliche Töne zu hören. Eine ältere Dame, die die Pogromnacht als Kind erlebte, sagte mir: «Was damals begann, fing mit Worten an. Wir müssen heute zuhören, wenn Menschen Angst haben.»
Für unsere Demokratie könnte der heutige Appell des Bundespräsidenten ein wichtiger Moment sein. Die Frage bleibt: Erreicht er auch jene, die sich bereits von demokratischen Institutionen abgewandt haben? Und was können wir alle tun, damit aus dem Gedenken praktisches Handeln wird?
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