Die Debatte um Steuersenkungen für Unternehmen erhält neuen Schwung. SPD-Chef Lars Klingbeil hat gestern überraschend Entlastungen für die deutsche Wirtschaft vorgeschlagen. In einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» regte er an, die Steuerlast für Firmen zu senken – ein bemerkenswerter Kurswechsel für seine Partei. Mit 30 Prozent zahlen deutsche Unternehmen derzeit eine der höchsten Steuern im internationalen Vergleich.
Die Wirtschaft reagiert positiv, aber zurückhaltend. «Die Richtung stimmt, aber wir brauchen mehr als Ankündigungen», sagt Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des DIHK. Die Stimmung in den Chefetagen deutscher Unternehmen bleibt angespannt. Das ifo-Geschäftsklima ist im fünften Monat in Folge gesunken, während die Wirtschaftsleistung laut Bundesbank im ersten Quartal weiter geschrumpft ist.
Klingbeils Vorstoß kommt in einer Zeit, in der Deutschland international an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Die USA locken mit Subventionen, Frankreich hat seine Unternehmenssteuern bereits gesenkt. «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht abgehängt werden», warnt der SPD-Chef.
Aus Regierungskreisen hört man, dass Finanzminister Lindner den Vorschlag grundsätzlich unterstützt. Die Grünen zeigen sich skeptisch und fordern, Entlastungen an Klimaschutzmaßnahmen zu koppeln.
Als ich letzte Woche mit mittelständischen Unternehmern in Düsseldorf sprach, war die Frustration mit Händen zu greifen. Hohe Energiekosten, Bürokratie und eben die Steuerlast drücken auf die Investitionsbereitschaft.
Die Frage bleibt, ob es bei Ankündigungen bleibt oder tatsächlich Entlastungen kommen. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland wäre es dringend nötig. Experten schätzen, dass eine Senkung um fünf Prozentpunkte Investitionen von bis zu 30 Milliarden Euro freisetzen könnte. Doch woher soll das Geld kommen in Zeiten knapper Kassen? Diese Frage muss die Politik noch beantworten.