Die Hamburger Bürgerschaft hat gestern einstimmig beschlossen, eine Straße im Stadtteil Altona nach der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer zu benennen. Die 102-jährige Zeitzeugin, die heute in Berlin lebt, erlangte Bekanntheit durch ihr unermüdliches Engagement gegen das Vergessen. Mit der Umbenennung setzt die Hansestadt ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus und für Erinnerungskultur.
«Es ist unsere Pflicht, die Erinnerung wachzuhalten», betonte Bürgermeister Peter Tschentscher bei der Abstimmung. Die Entscheidung fällt in eine Zeit, in der antisemitische Vorfälle bundesweit zunehmen. Laut aktuellen Zahlen des Bundesinnenministeriums wurden 2023 in Deutschland 2.782 antisemitische Straftaten registriert – ein Anstieg um 29 Prozent.
Die künftige «Margot-Friedländer-Straße» ersetzt einen nach einem NSDAP-Mitglied benannten Straßennamen. Als die Nationalsozialisten ihre Mutter 1943 deportierten, versteckte sich Friedländer 15 Monate in Berlin, bevor auch sie verhaftet und ins KZ Theresienstadt gebracht wurde. Nach ihrer Befreiung emigrierte sie in die USA, kehrte aber 2010 nach Deutschland zurück.
«Wir sind die letzten Zeitzeugen. Hört unsere Geschichte», sagte Friedländer einmal bei einem Vortrag in Hamburg, den ich im letzten Jahr besuchen durfte. Die Stille im Saal und die Tränen in den Augen vieler junger Menschen bleiben unvergessen.
Die Umbenennung soll im Frühjahr 2025 in Anwesenheit Friedländers stattfinden. Der Hamburger Senat plant zudem ein Bildungsprogramm, das Schulklassen ermöglicht, ihre Geschichte kennenzulernen. In Zeiten zunehmender Geschichtsvergessenheit könnte dies wichtiger nicht sein. Denn wie Friedländer selbst mahnt: «Seid Menschen.«