In Melle bei Osnabrück hat ein tragischer Unfall am Bahnhof zwei Menschen schwer verletzt. Ein 51-jähriger Mann kletterte gestern Nachmittag auf einen abgestellten Güterwaggon und erlitt einen lebensgefährlichen Stromschlag. Der zweite Mann, 37 Jahre alt, versuchte offenbar zu helfen und wurde ebenfalls von Strom getroffen. Beide Männer schweben in Lebensgefahr.
Der Vorfall ereignete sich gegen 17 Uhr am Bahnhof Melle, wo die Oberleitung mit 15.000 Volt Spannung gespeist wird. «Man muss nicht einmal direkten Kontakt mit der Stromleitung haben», erklärt Polizeihauptkommissar Frank Schulte. «Schon bei Annäherung kann der Strom überspringen.» Genau das scheint hier passiert zu sein.
Die Männer wurden mit schwersten Verletzungen per Rettungshubschrauber in Spezialkliniken geflogen. Ein Kriseninterventionsteam betreute Zeugen des Unfalls. Der Bahnverkehr musste für mehrere Stunden eingestellt werden.
Als ich vor einigen Jahren über einen ähnlichen Unfall in Baden-Württemberg berichtete, war ich erschüttert über die geringe öffentliche Wahrnehmung dieser Gefahr. Die Bundespolizei verzeichnet jährlich etwa 100 solcher Unfälle, viele enden tödlich oder mit lebenslangen Behinderungen.
Die Hintergründe des Vorfalls sind noch unklar. Die Bundespolizei hat Ermittlungen aufgenommen und prüft auch, ob Alkohol im Spiel war. Der Bahnhof Melle ist videoüberwacht, die Aufnahmen werden nun ausgewertet.
Die Tragödie mahnt einmal mehr: Bahnanlagen sind keine Abenteuerspielplätze. Selbst erfahrene Bahnmitarbeiter nähern sich Oberleitungen nur nach Freischaltung und mit Spezialausrüstung. Das Betreten von Gleisanlagen kann schnell zur tödlichen Falle werden – eine Warnung, die gerade zum Ferienbeginn nicht oft genug wiederholt werden kann.