Als ich gestern Abend das Europa-League-Duell zwischen dem VfB Stuttgart und Feyenoord Rotterdam verfolgte, wurde mir wieder einmal bewusst, wie sehr der moderne Fußball von Geduld und taktischer Disziplin lebt. In der MHP Arena entwickelte sich vor 60.000 begeisterten Fans ein Spiel, das lange Zeit von defensiver Stabilität geprägt war, ehe es in den letzten Minuten plötzlich Fahrt aufnahm.
Der VfB dominierte über weite Strecken das Spielgeschehen, kam aber lange nicht durch die gut organisierte niederländische Abwehrkette. Die Stuttgarter Offensive um Deniz Undav und Ermedin Demirović ließ ihre sonst so gefürchtete Durchschlagskraft vermissen. Laut Tracking-Daten legte das Team von Sebastian Hoeneß fast acht Kilometer mehr zurück als der Gegner – ein deutliches Zeichen für die Laufbereitschaft, die aber zunächst nicht belohnt wurde. «Wir wussten, dass wir gegen diesen kompakten Gegner Geduld brauchen würden», erklärte Hoeneß nach dem Spiel.
Die Erlösung kam erst in der 87. Minute durch El Bilal Touré, der nach seiner Einwechslung den entscheidenden Treffer erzielte. Was folgte, war ein emotionaler Ausbruch auf den Rängen und auf dem Spielfeld. Besonders beeindruckend: Die Daten der Stadion-App zeigten einen Lautstärkepegel von über 105 Dezibel beim Torjubel – fast so laut wie ein Rockkonzert. Für den VfB bedeutet dieser Sieg einen wichtigen Schritt Richtung K.o.-Phase.
Der späte Stuttgarter Erfolg zeigt einmal mehr, wie der digitale Fußball unsere Wahrnehmung des Spiels verändert. Während wir früher nur mit dem bloßen Auge bewerten konnten, liefern heute Algorithmen und Sensoren Einblicke in jede Spielsituation. Doch am Ende entscheiden immer noch Momente der individuellen Klasse – und genau das macht unseren Sport so faszinierend. Oder wie es ein Fan neben mir in breitem Schwäbisch formulierte: «Manchmal brauchsch halt oifach an guada Joker.»