Die Tätowierstühle in der Kulturhalle Remchingen surren, während Farbe unter die Haut fließt. Am Wochenende verwandelte sich der Ort bei der Tattoo Convention in einen Hotspot für Körperkunst. Über 2.000 Besucher bestaunten die Arbeit von 80 Tätowierern aus ganz Europa, viele nutzten die Gelegenheit für spontane Tattoos. Das Brummen der Tattoomaschinen wurde nur vom Klicken der Kameras übertönt, mit denen Besucher die fertigen Kunstwerke dokumentierten.
«Die Trends gehen aktuell in zwei Richtungen», erklärt Toni Meister, Organisator und selbst Tätowierer aus Pforzheim. «Auf der einen Seite immer feinere Linien, fast wie mit dem Bleistift gezeichnet, auf der anderen Seite Cover-ups – also das Überdecken alter, ungeliebter Tattoos.» Besonders gefragt seien Tattoos mit persönlicher Bedeutung. Das bestätigt auch Besucherin Marie (28): «Mein neues Tattoo zeigt Sternbilder, die für meine Kinder stehen.»
Während ich durch die Halle schlendere, beobachte ich, wie sich ganze Familien beraten lassen. Anders als in meinen Anfangsjahren als Reporterin, als Tattoos noch als Rebellion galten, sind sie heute ein generationenübergreifendes Phänomen. Ein 67-jähriger Mann lässt sich von seiner Enkelin zu seinem ersten Tattoo begleiten – eine kleine Libelle, Symbol für seine verstorbene Frau.
Die Veranstalter haben für nächstes Jahr bereits eine größere Halle angekündigt. Ob Erstlingstattoo oder neue Ergänzung für eine bereits verzierte Haut – die steigende Nachfrage zeigt: Körperkunst ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und hinter jedem Motiv steckt eine Geschichte, die unter die Haut geht.