Die heftig umstrittenen Tempo-30-Zonen auf Berliner Hauptstraßen bleiben vorerst bestehen. Die schwarz-rote Koalition hat den geplanten Rückbau nach massiven Protesten vorläufig gestoppt. Besonders umkämpft sind dabei die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Leipziger, Potsdamer und Kantstraße, die unter der vorherigen rot-grün-roten Regierung eingerichtet wurden. Fast 50.000 Menschen hatten eine Petition gegen die Rücknahme unterschrieben.
Als ich gestern über die Kantstraße fuhr, war die Stimmung unter den Anwohnern spürbar angespannt. «Wir brauchen diese Tempo-30-Zonen nicht nur für weniger Lärm, sondern auch für mehr Sicherheit», erklärte mir Monika Weber (54), die seit 20 Jahren in einem der anliegenden Häuser wohnt. Dass die Debatte so emotional geführt wird, zeigt, wie zentral Verkehrspolitik für das Lebensgefühl in der Stadt geworden ist.
Die CDU-geführte Verkehrsverwaltung hatte den Rückbau ursprünglich mit dem Argument vorangetrieben, dass Hauptverkehrsstraßen dem «fließenden Verkehr» dienen müssten. Verkehrssenatorin Ute Bonde betonte jedoch bei einer Pressekonferenz: «Wir wollen eine sachliche Prüfung und keine ideologische Entscheidung.» Ein vom Senat in Auftrag gegebenes Gutachten soll nun bis Herbst klären, welche Auswirkungen die Geschwindigkeitsbegrenzungen tatsächlich haben.
Die Verkehrswende wird in Berlin wie in kaum einer anderen deutschen Stadt zum Gradmesser gesellschaftlicher Veränderung. Was wiegt schwerer – schnelles Durchkommen oder Lebensqualität der Anwohner? Diese Frage bleibt vorerst offen. Doch eines ist klar: Die Berliner lassen sich ihre Mitsprache bei der Gestaltung ihrer Stadt nicht mehr nehmen.