Heute begann vor dem Berliner Amtsgericht Tiergarten der Prozess gegen einen 84-jährigen Autofahrer. Der Senior soll im September 2022 an einer Kreuzung in Berlin-Reinickendorf die Kontrolle über seinen Wagen verloren haben und in eine Fußgängergruppe gerast sein. Eine 79-jährige Frau starb noch am Unfallort, vier weitere Menschen wurden verletzt, zwei davon schwer.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vor. Nach Überzeugung der Ermittler war der Mann aufgrund altersbedingter Einschränkungen nicht mehr fahrtüchtig. Er habe vor Fahrtantritt erkennen können und müssen, dass er nicht mehr in der Lage war, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.
«Es ist ein Tag, an dem sich mein Leben verändert hat», sagte der sichtlich erschütterte Angeklagte zu Prozessbeginn. Er könne sich an den eigentlichen Unfallhergang kaum erinnern, bereue aber zutiefst, was geschehen sei. Sein Verteidiger erklärte, dass der 84-Jährige nicht mit einer solchen Verschlechterung seiner Fahrtüchtigkeit gerechnet habe.
Ein als Zeuge geladener Polizeibeamter berichtete, dass der Senior nach einem Abbiegemanöver die Kontrolle verloren und zunächst einen geparkten Wagen gerammt habe, bevor er in die wartende Fußgängergruppe fuhr. «Viele Passanten standen unter Schock«, erinnerte sich der Beamte.
Als Reporterin habe ich in meiner Laufbahn immer wieder über ähnliche Unfälle berichtet. Was mich dabei besonders berührt: Die Unfallfahrer tragen oft eine doppelte Last – die rechtlichen Konsequenzen und die moralische Schuld, die sie für den Rest ihres Lebens begleitet.
Der Fall wirft erneut die Frage auf, ob regelmäßige Fahrtauglichkeitstests für Senioren eingeführt werden sollten. In vielen anderen europäischen Ländern sind solche Kontrollen bereits Pflicht. Der Prozess wird fortgesetzt. Das Gericht hat zunächst zwei weitere Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte Anfang Mai fallen.
Mehr Informationen über Fahrtauglichkeitstests in Europa bietet der ADAC auf seiner Webseite.