Die Jagd nach dem guten Gewissen und günstigen Lebensmitteln findet längst auch in unseren Smartphones statt. Eine Woche lang habe ich in Frankfurt die App «Too Good To Go» getestet – und dabei Überraschendes erlebt. Das Konzept ist einfach: Restaurants, Bäckereien und Supermärkte bieten übrig gebliebene Lebensmittel kurz vor Ladenschluss zu einem stark reduzierten Preis an. Ein digitales Buffet gegen Lebensmittelverschwendung.
Meine erste «Rettung» führte mich in ein Café am Römerberg. Für 3,99 Euro erhielt ich eine prall gefüllte Tüte mit zwei Sandwiches, einem Stück Kuchen und einem Croissant – regulär hätte ich dafür mindestens 15 Euro bezahlt. «Etwa 15 Prozent unserer Tagesproduktion würden wir ohne die App wegwerfen», erklärt mir die Café-Besitzerin Lisa Müller. Für sie rechnet sich das Modell: weniger Müll, etwas Umsatz statt Verlust.
Anders lief es beim Bio-Supermarkt in Sachsenhausen. Die angekündigte «Überraschungstüte» enthielt zwar frisches Obst und Gemüse, aber auch angeschlagene Avocados und Äpfel mit Druckstellen. «Die Qualität ist manchmal Glückssache», gibt Stephan Weber vom Markt zu. Er sieht die App dennoch positiv: «Wir erreichen damit auch jüngere Kunden, die sonst vielleicht nicht bei uns einkaufen würden.»
Am frustrierendsten war die Erfahrung im beliebten Frankfurter Sushi-Restaurant – die Portionen waren unerwartet klein. Als ich nachfragte, erklärte der Inhaber: «Bei uns bleibt selten etwas übrig. Die App ist für uns eher ein Marketinginstrument.»
Nach einer Woche mein Fazit: Es braucht Geduld und Flexibilität. Die besten Angebote sind schnell vergriffen, und manchmal passt die Abholzeit nicht in den Tagesplan. Doch das gute Gefühl, etwas gegen Verschwendung zu tun, wiegt die kleinen Ärgernisse auf. Wie bei so vielen digitalen Heilsversprechen liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte – zwischen echtem Umweltschutz und cleverer Geschäftsidee.