Der Skandal um das abgebrochene Zweitliga-Handballspiel zwischen Tusem Essen und Dessau-Roßlauer HV entwickelt sich zum Nervenkrimi. Seit dem Spielabbruch im Februar – als ein Dessauer Spieler nach einem Schiedsrichterentscheid zusammenbrach und ins Krankenhaus musste – warten beide Vereine auf eine Entscheidung des DHB-Sportgerichts. Für die Essener geht es um weit mehr als nur zwei Punkte.
«Wir befinden uns in einer extrem belastenden Situation«, erklärt Tusem-Geschäftsführer Niels Ellwanger. «Unsere Spieler trainieren seit Wochen mit dieser Ungewissheit.» Als der Spielabbruch beim Stand von 24:22 für Essen erfolgte, waren noch zehn Minuten zu spielen. Die Regelung ist eigentlich klar: Bei einem unverschuldeten Ausfall muss das Spiel neu angesetzt werden. Doch der Tusem argumentiert, dass der Dessauer Spieler keinen gesundheitlichen Notfall hatte, sondern nach einer Schiedsrichterentscheidung emotional reagierte.
Die Konsequenzen sind weitreichend. Essen kämpft um den Aufstieg in die Bundesliga und benötigt jeden Punkt. Dessau hingegen steht im Abstiegskampf und könnte von einer Neuansetzung profitieren. «In unserer 90-jährigen Vereinsgeschichte haben wir so etwas noch nicht erlebt», sagt Ellwanger. Besonders bitter: Sollte das Sportgericht ein Wiederholungsspiel ansetzen, müsste dieses noch vor Saisonende stattfinden – ein logistischer Albtraum für beide Teams.
Die Handball-Community in Essen steht geschlossen hinter ihrem Verein. Fans diskutieren in sozialen Medien hitzig über den Fall und werfen die Frage auf, ob emotionale Reaktionen künftig zum taktischen Mittel werden könnten. Während die Juristen noch beraten, bereitet sich Tusem sportlich auf die verbleibenden Saisonspiele vor – mit der belastenden Ungewissheit, ob die Aufstiegsträume am grünen Tisch platzen könnten.