Die jüngste Niederlage des TVB Stuttgart gegen die Füchse Berlin (25:35) hatte mehr Zuschauer als je zuvor – allerdings nicht in der Halle, sondern auf Smartphones und Tablets. Die Handball-Bundesliga verzeichnet einen Streaming-Boom, der den Sport grundlegend verändert. Über 65 Prozent der unter 30-jährigen Handball-Fans verfolgen mittlerweile Spiele primär digital, nicht mehr im linearen Fernsehen oder vor Ort.
Was früher undenkbar schien, ist heute Realität: Während die Hallen mancherorts leerer werden, explodieren die Streaming-Zahlen. Die Handball-Bundesliga hat ihre digitale Präsenz massiv ausgebaut. «Wir erreichen heute ein völlig neues Publikum», erklärt Digitalexperte Thomas Müller. «Die Gen Z konsumiert Sport anders – kürzer, mobiler und interaktiver.» Besonders beliebt: personalisierte Highlight-Clips und die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Kameraperspektiven zu wechseln. Der TVB Stuttgart hat seine Social-Media-Reichweite seit 2021 verdreifacht, obwohl die sportlichen Ergebnisse durchwachsen waren.
Diese Entwicklung bringt neue Herausforderungen mit sich. Spieler werden heute nicht nur nach Leistung, sondern auch nach digitaler Präsenz bewertet. Teams investieren in Content-Teams statt nur in Physiotherapeuten. Gleichzeitig wächst die Sorge um die Atmosphäre in den Hallen. «Ein Stream kann nie das Gefühl ersetzen, wenn die Halle bei einem Last-Minute-Treffer explodiert», gibt Nationalspieler Kai Häfner zu bedenken.
Für die Zukunft des Handballs bedeutet dies einen Balanceakt zwischen digitaler Innovation und dem Erhalt der traditionellen Stärken. Die Frage bleibt: Wird die nächste Generation von Handballfans überhaupt noch den Weg in die Arena finden, oder reicht ihnen das perfekt inszenierte Streaming-Erlebnis auf dem Smartphone? Die Antwort darauf wird die Sportlandschaft nachhaltig prägen.