In der Frankfurter Innenstadt brummt das Nachtleben, während Joanna Wendel ihren Audi A3 durch die Straßen lenkt. Die 32-jährige Uber-Fahrerin hat bewusst die Nachtschicht gewählt – ein Zeitfenster, in dem überwiegend männliche Kollegen unterwegs sind. «Nachts verdiene ich mehr, und die Straßen sind leerer», erklärt sie mit einem Lächeln, während sie auf die nächste Fahrtanfrage wartet.
Seit drei Jahren fährt Wendel für den Fahrdienstvermittler, zunächst als Nebenjob, seit letztem Jahr in Vollzeit. Die Statistik zeigt: Von rund 1.200 Uber-Partnern in Frankfurt sind nur etwa sieben Prozent Frauen. «Am Anfang war ich unsicher», gibt sie zu, «aber die Kunden sind nachts oft dankbarer – besonders nach dem Feiern oder bei späten Flügen.»
Der typische Ablauf ihrer Schicht beginnt gegen 22 Uhr und endet morgens um 6 Uhr. Die meisten Fahrten führen vom Bahnhofsviertel zum Flughafen oder in die umliegenden Vororte. «Manchmal erlebe ich seltsame Situationen, wie betrunkene Gäste oder unerwünschte Flirtversuche», berichtet Wendel. «Aber ich habe klare Grenzen und sage deutlich, wenn etwas nicht geht.»
Ihr Auto hat sie mittlerweile zur zweiten Heimat gemacht: Getränkehalter für ihren Kaffee, eine Powerbank für ihr Smartphone und ein kleines Notfallset gehören zur Standardausrüstung. Die Frankfurter Taxivereinigung sieht Uber-Fahrer wie Wendel kritisch. «Wir arbeiten unter anderen Bedingungen und müssen strengere Auflagen erfüllen», betont ein Sprecher.
Was Wendel an ihrem Job besonders schätzt, ist die Freiheit. «Ich entscheide selbst, wann ich arbeite. Bei meinem früheren Bürojob war das undenkbar.» Diese Freiheit hat allerdings ihren Preis: keine bezahlten Urlaubstage, kein Krankentagegeld, Versicherungen muss sie selbst abschließen.
Frage ich sie nach ihrer Zukunft, blickt sie optimistisch aus dem Fenster: «Frankfurt bei Nacht hat mich viel über Menschen gelehrt. Solange es sich lohnt, bleibe ich dabei.» Ihr Navigationssystem piept – der nächste Fahrgast wartet schon.