Die Rentenreform-Debatte spaltet Berlin: Gesundheitsministerin Bärbel Bas (SPD) stößt mit ihrem Vorstoß zu einer grundlegenden Neugestaltung des Rentensystems auf heftigen Widerstand. «Die Vorschläge der Ministerin haben mit der Realität wenig zu tun», erklärte Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt gestern in einer Bundestagsdebatte. Nach Bas› Konzept sollen künftig alle Berufsgruppen, auch Selbstständige und Beamte, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Was vor wenigen Tagen noch als interne SPD-Position galt, wird nun zum öffentlichen Streitpunkt zwischen den Regierungsparteien. Die Reaktionen aus der Union fallen besonders scharf aus. Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, bezeichnete die Ideen im Gespräch mit dem Tagesspiegel als «unrealistisch und nicht umsetzbar». Die Einbeziehung der Beamten würde zudem Verfassungsfragen aufwerfen.
Bei meinem Besuch im Paul-Löbe-Haus konnte ich die angespannte Stimmung spüren. Ein SPD-Abgeordneter aus Baden-Württemberg gestand mir im Vier-Augen-Gespräch: «Der Zeitpunkt für diesen Vorstoß ist ungünstig. Intern hätten wir das besser abstimmen müssen.»
Die Rentenexperten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sehen durchaus Potenzial in Teilen des Konzepts. «Eine breitere Basis für die Rentenversicherung könnte die Finanzierung nachhaltiger gestalten», sagte DIW-Direktor Marcel Fratzscher. Doch die politischen Hürden für eine solche Reform scheinen momentan unüberwindbar.
Die Debatte um die Zukunft der Rente bleibt ein Dauerbrenner – während die Gesellschaft älter wird, die Babyboomer in den Ruhestand gehen und die jüngere Generation sich Sorgen macht. Wer aber glaubt, dass vor der nächsten Bundestagswahl noch grundlegende Weichenstellungen erfolgen, dürfte enttäuscht werden.