In Dortmunds Schulen klingelt es zwar regelmäßig zur Stunde, doch immer öfter stehen Schülerinnen und Schüler vor leeren Klassenräumen. An der Theodor-Heuss-Realschule fällt jede fünfte Unterrichtsstunde komplett aus – eine alarmierende Entwicklung, die Eltern, Schüler und Lehrkräfte gleichermaßen frustriert. Nach aktuellen Erhebungen der Bezirksregierung Arnsberg liegt der durchschnittliche Unterrichtsausfall in Dortmund bei 6,2 Prozent.
Vor Ort erlebe ich täglich die Konsequenzen: «Mein Sohn hatte letzte Woche an drei Tagen in der ersten Stunde keinen Unterricht. Das ist doch keine Seltenheit mehr», erzählt mir Martina K., Mutter eines Siebtklässlers. Der Lehrermangel hat inzwischen dramatische Ausmaße angenommen. Besonders betroffen sind Fächer wie Mathematik und Naturwissenschaften.
Schulleiter Thomas Weber von der Heinrich-Böll-Gesamtschule kämpft jeden Morgen mit dem Vertretungsplan: «Wir jonglieren täglich, um die größten Lücken zu stopfen. Wenn drei Kollegen gleichzeitig krank sind, bricht unser System zusammen.» An seiner Schule fallen «nur» 8,3 Prozent des Unterrichts aus – damit steht sie im Dortmunder Vergleich noch relativ gut da.
Die Bildungsgewerkschaft GEW schlägt Alarm. «Was hier als statistische Zahl erscheint, bedeutet in der Praxis: Kinder verlieren wertvolle Bildungszeit», so Bezirksvorsitzende Marion Herrmuth. «Die Politik hat den Lehrermangel jahrelang ignoriert, nun ernten wir die Früchte.»
Der Ausfall betrifft nicht alle Stadtteile gleich. In sozialen Brennpunkten fehlen besonders viele Lehrkräfte. Eine Entwicklung, die soziale Ungleichheit verfestigt. Wer kann, organisiert private Nachhilfe – wer nicht, bleibt zurück.
Was bleibt? Schulen improvisieren, Eltern sind frustriert, und eine ganze Generation junger Menschen bekommt weniger Bildung als vorgesehen. Die Politik verspricht Besserung durch Quereinsteigerprogramme. Bis diese greifen, heißt es für Dortmunds Schüler: Selbstständiges Lernen wird wichtiger denn je. Eine bittere Lektion, die nicht im Lehrplan steht.