Die weiterführenden Schulen in Essen stehen vor einer bedeutsamen Veränderung. Ab dem kommenden Schuljahr sollen sie zusätzliche Unterstützung für Schülerinnen und Schüler erhalten, die besondere Förderung benötigen. Insgesamt 1,7 Millionen Euro will die Stadt dafür bereitstellen. Diese Maßnahme betrifft vor allem Kinder, die aus der Grundschule kommen und noch nicht die erforderlichen Grundkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen mitbringen.
In meinen fast zwanzig Jahren als Bildungsjournalistin habe ich immer wieder beobachtet, wie wichtig der Übergang von der Grund- zur weiterführenden Schule ist. Oft entscheidet sich hier, ob ein Kind seinen Bildungsweg erfolgreich fortsetzen kann.
Die Stadt Essen reagiert damit auf einen besorgniserregenden Trend. Nach Angaben der Schulverwaltung haben immer mehr Fünftklässler erhebliche Lücken in den Grundfertigkeiten. «Wir müssen handeln, bevor diese Kinder den Anschluss vollständig verlieren», erklärt Essens Schuldezernent Muchtar Al Ghusain.
Das neue Förderprogramm sieht vor, dass qualifizierte Lehrkräfte und Sozialpädagogen die betroffenen Schüler in Kleingruppen unterstützen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Erwerb der Basiskompetenzen, die für alle weiteren Schulfächer grundlegend sind.
Lehrervertreter begrüßen die Initiative grundsätzlich. «Es wird höchste Zeit, dass die Stadt hier Verantwortung übernimmt», sagt Martina Weber vom Essener Lehrerverband. «Allerdings kommt diese Unterstützung für viele Schüler, die bereits seit Jahren Probleme haben, reichlich spät.»
Die Förderung soll zunächst in den Stadtteilen mit besonderen sozialen Herausforderungen beginnen. Ein Konzept, das ich aus meiner Berichterstattung in Baden-Württemberg kenne, wo ähnliche Ansätze bereits positive Ergebnisse zeigen.
Bleibt die Frage, ob 1,7 Millionen Euro ausreichen werden. Und ob die strukturellen Probleme im Bildungssystem damit wirklich gelöst werden können. Denn eines ist klar: Die Lernlücken entstehen nicht erst in der fünften Klasse, sondern meist viel früher. Vielleicht wäre eine noch frühzeitigere Intervention der sinnvollere Weg.