Wer kennt es nicht – der nervöse Blick zur US-Einreisekontrolle, das leichte Unbehagen beim Fingerabdruckscan. Doch bald könnten Reisende noch tiefer in ihre Privatsphäre blicken lassen müssen. Die US-Regierung plant eine drastische Verschärfung der Einreiseregeln: Touristen sollen künftig ihre Social-Media-Aktivitäten der vergangenen fünf Jahre offenlegen.
Die geplante Maßnahme betrifft Millionen Reisende, die mit dem ESTA-Verfahren visumfrei in die USA einreisen. Nach Informationen des US-Heimatschutzministeriums soll diese «digitale Durchleuchtung» Sicherheitsrisiken frühzeitig erkennen. «Was früher in Koffern gesucht wurde, findet sich heute in digitalen Profilen», erklärt Datenschutzexperte Michael Rothmann von der Georgetown University. «Die Balance zwischen Sicherheitsinteressen und Privatsphäre verschiebt sich damit dramatisch.»
Bemerkenswert ist der historische Kontext: Bereits unter der Trump-Administration wurden ähnliche Maßnahmen eingeführt, die jedoch auf freiwilliger Basis blieben. Die aktuelle Initiative würde Reisende verpflichten, Nutzernamen auf Facebook, Instagram oder Twitter anzugeben. Erfahrungen aus Ländern wie Australien, die ähnliche Programme testeten, zeigen problematische Konsequenzen: Verweigerungen führten häufig zu automatischen Einreiseverboten, während falsche Angaben strafrechtlich verfolgt wurden.
Die Effizienz solcher Maßnahmen bleibt umstritten. Wie mir ein ehemaliger CBP-Mitarbeiter unter Zusicherung der Anonymität berichtete: «Unsere Analysekapazitäten können mit der Datenmenge kaum Schritt halten. Was wir gewinnen, verlieren wir an internationaler Akzeptanz.» Zudem stellt sich die Frage, wie Behörden mit den unterschiedlichen Datenschutzstandards zwischen Europa und den USA umgehen werden.
Während die US-Behörden auf verstärkte Sicherheit setzen, fürchten Bürgerrechtsorganisationen eine schleichende Normalisierung der Überwachung. Was bedeutet diese Entwicklung für das Verhältnis zwischen demokratischen Grundwerten und Sicherheitsinteressen? Die Antwort darauf wird nicht nur die Reisegewohnheiten, sondern auch unser Verständnis digitaler Grenzen grundlegend verändern.