Die Vergangenheit holt den VW-Konzern noch immer ein. Im Dieselskandal hat das Braunschweiger Landgericht gestern vier ehemalige VW-Manager zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Manager aktiv an der Manipulation von Abgaswerten beteiligt waren. Die höchste Strafe erhielt der ehemalige Leiter der Motorenentwicklung mit vier Jahren und drei Monaten Haft.
Neun Jahre nach Aufdeckung des Skandals markiert dieses Urteil einen Wendepunkt. Erstmals müssen hochrangige Manager tatsächlich ins Gefängnis. Bisher endeten viele Verfahren mit Geldstrafen oder Bewährungsstrafen. Ein ehemaliger VW-Ingenieur, mit dem ich während meiner Recherchen in Wolfsburg sprach, zeigte sich nicht überrascht: «In den Entwicklungsabteilungen wussten viele Bescheid, aber niemand traute sich zu widersprechen.»
Die Verurteilten hatten laut Gericht «Dieselmotoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung» ausgestattet. Diese sorgte dafür, dass die Fahrzeuge Abgastests bestanden, im normalen Straßenverkehr jedoch ein Vielfaches der erlaubten Schadstoffe ausstießen. Der Skandal kostete Volkswagen bislang über 30 Milliarden Euro an Entschädigungen und Strafen.
«Die Angeklagten haben aus wirtschaftlichen Motiven gehandelt und dabei bewusst in Kauf genommen, dass Millionen Kunden getäuscht wurden», begründete der Vorsitzende Richter das Urteil. Die Verteidigung kündigte bereits Revision an.
In den Gesichtern der Wolfsburger Bevölkerung spiegelt sich Ernüchterung. Der einstige Stolz auf den größten Arbeitgeber der Region ist einer nüchternen Betrachtung gewichen. Die Frage bleibt: Hat die Autoindustrie wirklich aus dem Skandal gelernt, oder besteht die Gefahr ähnlicher Manipulationen auch beim Übergang zur Elektromobilität?