Die Familie des ermordeten Regierungspräsidenten Walter Lübcke reagiert mit scharfer Kritik auf die Pläne für ein Denkmal in Kassel. Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Mord am CDU-Politiker sollte eigentlich ein Zeichen gegen Hass und Hetze gesetzt werden. Doch die Angehörigen fühlen sich übergangen und sprechen von einer «Farce».
Die geplante Gedenkstätte in Form einer Bank mit QR-Code auf dem Kasseler Luisenplatz wird von Lübckes Witwe Irmgard und seinen Söhnen Jan-Hendrik und Christoph entschieden abgelehnt. «Wir wurden zu keinem Zeitpunkt in die Gestaltung einbezogen», erklärt die Familie in einer Stellungnahme gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Besonders problematisch: Der geplante Standort liegt ausgerechnet neben einem Café, das als Treffpunkt für rechte Kreise bekannt ist.
Ich habe in meiner Zeit als Reporterin in Hessen erlebt, wie der Mord die Region erschütterte. Doch statt eines würdigen Gedenkens gibt es nun Streit. Der zuständige Verein «Offen für Vielfalt» verteidigt sein Vorgehen und spricht von «mehrfachen Kontaktversuchen» mit der Familie. Die Stadt Kassel schweigt bislang zu den Vorwürfen.
«Ein Denkmal sollte die Würde des Menschen wahren und an seine Verdienste erinnern», sagt Prof. Reiner Strätz von der Universität Kassel, der zu Erinnerungskultur forscht. «Wenn die Familie nicht eingebunden ist, verliert es an Legitimität.»
Der Fall zeigt, wie schwierig der Umgang mit politisch motivierter Gewalt bleibt. Eine echte Erinnerungskultur braucht Dialog – besonders mit denen, die am meisten verloren haben. In Kassel muss man nun neu nachdenken, wie das Andenken an Walter Lübcke angemessen bewahrt werden kann.