Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, fordert die Wiedereinführung der Musterung für junge Männer in Deutschland. «Die Sicherheitslage hat sich dramatisch verändert. Wir können nicht länger so tun, als wäre unsere Landesverteidigung ein Selbstläufer», sagte er gestern in Berlin. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums fehlen der Truppe aktuell über 20.000 Soldatinnen und Soldaten.
Die Bundeswehr kämpft seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 mit erheblichen Personalproblemen. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine vor drei Jahren hat sich die Lage weiter verschärft. «Wir müssen mindestens wissen, wer uns im Ernstfall verteidigen könnte«, betont Breuer. Die Musterung soll zunächst ohne automatische Einberufung erfolgen, aber einen Überblick über das Wehrpotential verschaffen.
Verteidigungsexperten unterstützen den Vorstoß. «Andere europäische Länder wie Schweden haben längst reagiert», erklärt Sicherheitsexpertin Marie Hofmann vom Institut für Verteidigungspolitik. «Deutschland hinkt hinterher.»
Aus meiner Erfahrung in der Berichterstattung über die Bundeswehr weiß ich: Das Thema polarisiert. Bei meinem letzten Besuch in einer Hamburger Kaserne war die Stimmung angespannt. «Wir brauchen nicht nur mehr Personal, sondern auch gesellschaftlichen Rückhalt«, sagte mir ein Hauptmann, der anonym bleiben wollte.
Die FDP lehnt die Pläne ab, während Union und SPD grundsätzlich offen sind. Eine Entscheidung soll noch vor Weihnachten fallen. Die zentrale Frage bleibt: Wie viel Verteidigungsbereitschaft können und wollen wir uns als Gesellschaft abverlangen? Eine Antwort darauf muss Deutschland schneller finden, als viele wahrhaben wollen.