Der erste Schnee fällt leise auf den Gießener Weihnachtsmarkt, während rund um den Kreuzplatz die Stimmung angespannt bleibt. Nach dem versuchten Brandanschlag auf die Synagoge am vergangenen Wochenende öffneten die Marktbetreiber heute trotz erhöhter Polizeipräsenz ihre Buden. «Wir lassen uns unsere Tradition nicht nehmen», erklärt Standbetreiberin Monika Faber, während sie Glühwein ausschenkt.
Seit Mittwoch sind die 70 festlich geschmückten Holzhütten wieder in Betrieb. Die Polizei hat ihr Sicherheitskonzept nach dem Vorfall deutlich verstärkt. Uniformierte und zivile Beamte patrouillieren zwischen den Marktständen. Der Vorfall am Sonntag, bei dem ein 34-jähriger Mann versuchte, einen Brandsatz gegen die Synagoge zu werfen, hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.
«Die Menschen brauchen gerade jetzt Momente der Gemeinschaft und Normalität», betont Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher im Gespräch. Die Entscheidung, den Markt wie geplant zu öffnen, sei bewusst getroffen worden. Eine Absage hätte das falsche Signal gesendet.
Zwischen Karussell und Lebkuchenstand fallen mir die gemischten Gefühle der Besucher auf. Viele Familien genießen den vorweihnachtlichen Zauber, während andere nervös die Umgebung im Blick behalten. Die verstärkte Polizeipräsenz beruhigt, erinnert aber gleichzeitig an die angespannte Lage.
Die jüdische Gemeinde begrüßt die Entscheidung. «Wir müssen zusammenhalten und dürfen uns nicht einschüchtern lassen», sagte Gemeindevertreter David Rosenberg. Der Weihnachtsmarkt bleibt bis zum 23. Dezember geöffnet – als Zeichen der Normalität in unruhigen Zeiten. Was bleibt, ist die Frage: Wie schaffen wir es, solche Orte der Begegnung langfristig zu schützen, ohne dass die Sorge den Zauber verdrängt?