Die Gastronomie im Bodenseekreis findet ihre Stimme zurück. Nach Jahren der Pandemie-Stille haben sich gestern Abend knapp 30 Gastronomen in Überlingen zum wiederbelebten Wirtestammtisch getroffen. Für viele war es ein längst überfälliger Schritt. „Wir brauchen wieder ein Sprachrohr gegenüber der Politik», sagte Gastwirt Michael Eilers aus Friedrichshafen.
Die Probleme der Branche stapeln sich wie ungewaschenes Geschirr in der Küche. Personalmangel, steigende Kosten und eine Flut von Auflagen drücken auf die Stimmung. Bei meinen Gesprächen mit den Wirten fiel auf: Die Frustration sitzt tief, aber der Wille zur Veränderung ist stärker. „Alleine kann ich nichts bewegen, gemeinsam sind wir eine Kraft», betonte Edith Neumann, die seit 20 Jahren ein Café am See betreibt.
Die Idee zur Neugründung kam von Nico Lindner, dem Bodensee-Kreisgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA. Er kennt die Region wie seine Westentasche und weiß: Die Bodensee-Gastronomie hat Gewicht. Jährlich strömen Millionen Touristen in die Region, die meisten wollen gut essen und trinken. „Wenn wir mit einer Stimme sprechen, hört die Politik zu», sagte Lindner während des Treffens.
Ein besonderes Anliegen ist den Wirten die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. „Die starren Regeln passen nicht mehr in die heutige Zeit», erklärte Herbert Müller, der in Meersburg ein Traditionsrestaurant führt. Die strengen Arbeitszeit-Vorschriften machen es nahezu unmöglich, flexibel auf saisonale Schwankungen zu reagieren.
Nach zwei Stunden intensiver Diskussion stand fest: Der Stammtisch wird künftig vierteljährlich tagen und konkrete Forderungen an die Lokalpolitik formulieren. Eine bessere Vernetzung für den Bodenseekreis, wie ich sie schon oft in meiner Berichterstattung in Baden-Württemberg beobachtet habe, wenn regionale Kräfte sich zusammentun.
Für die Zukunft der regionalen Gastronomieszene könnte dieser Zusammenschluss entscheidend sein. Die ersten gemeinsamen Aktionen sind bereits geplant. Ob die Politik zuhören wird? Die Wirte vom Bodensee haben jedenfalls eines bewiesen: Sie verstehen sich nicht nur aufs Bewirten, sondern auch aufs Bewegen.