In Düsseldorf haben hunderte Menschen gestern gegen die geplante Wohngeldreform demonstriert. Friedrich Merz, seit sechs Monaten Bundeskanzler, hatte am Sonntag im ZDF-Sommerinterview überraschend angekündigt, das Wohngeld für Bedürftige um durchschnittlich 18 Prozent kürzen zu wollen. Fast zwei Millionen Haushalte in Deutschland sind derzeit auf diese Unterstützung angewiesen.
«Wir müssen den Staatshaushalt konsolidieren», begründete Merz seinen Plan. Die Kürzung soll bereits zum 1. Oktober in Kraft treten und jährlich etwa 1,3 Milliarden Euro einsparen. Besonders betroffen wären Alleinerziehende und Rentner in Großstädten, wo die Mieten seit Jahren explodieren.
Die Opposition läuft Sturm. «Ausgerechnet bei den Schwächsten zu sparen, während Unternehmenssteuern gesenkt werden, ist sozial ungerecht», kritisierte SPD-Chefin Esken. Auch der Deutsche Mieterbund warnt vor «dramatischen Folgen für viele Haushalte».
In Hamburg, wo ich vergangene Woche mit Betroffenen sprach, herrscht Verunsicherung. Rentnerin Margit Schulz (73) zeigte mir ihre letzte Mieterhöhung: «Ohne Wohngeld müsste ich nach 40 Jahren aus meiner Wohnung raus.» Die Kaltmiete frisst bereits 45 Prozent ihrer kleinen Rente.
Experten sehen die Pläne kritisch. Wohnungsmarktforscher Dr. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln betont: «Wohngeld ist das zielgenaueste Instrument zur Unterstützung einkommensschwacher Haushalte. Eine Kürzung verschärft die soziale Schieflage.»
Nächste Woche will das Kabinett die Reform beschließen. Der Bundesrat könnte jedoch zum Stolperstein werden. Mehrere Länder, darunter das CDU-geführte Baden-Württemberg, haben bereits Bedenken angemeldet.
Die Debatte trifft einen wunden Punkt: Bezahlbares Wohnen ist längst zur sozialen Frage unserer Zeit geworden. Wird Merz seinen ersten großen Kampf als Kanzler gewinnen – oder an der Wohnungsfrage scheitern?