Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke hat gestern mit einer überraschenden Aussage zur AfD für Aufsehen gesorgt. Bei einer Regionalkonferenz in Potsdam erklärte er: «Wir müssen den Dialog mit allen demokratischen Kräften suchen – auch mit jenen AfD-Mitgliedern, die sich klar von extremistischen Positionen distanzieren.» Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt, dass 41 Prozent der Brandenburger eine differenziertere Betrachtung der AfD befürworten.
Woidkes Äußerung markiert eine deutliche Abkehr von seiner bisherigen Linie. Noch im Frühjahr hatte er jegliche Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausgeschlossen. Politikwissenschaftler Prof. Michael Kohlhaas von der Universität Potsdam sieht darin einen taktischen Schachzug: «Woidke versucht, gemäßigte AfD-Wähler zurückzugewinnen, ohne die Brandmauer grundsätzlich einzureißen.»
In Brandenburg wird die AfD vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Dennoch erreichte sie bei der letzten Landtagswahl 23,5 Prozent. «Es gibt Teile der AfD-Wählerschaft, die sich nicht als rechtsextrem verstehen, sondern aus Protest wählen», sagte Woidke im Anschluss an seine Rede.
Als ich Woidke nach der Veranstaltung traf, wirkte er nachdenklich. «In meinen fast zwanzig Jahren als Reporter habe ich selten einen Politiker erlebt, der so offen seinen Kurswechsel eingesteht», notierte ich mir.
Die Reaktionen fallen gemischt aus. Während die Linke von «gefährlicher Anbiederung» spricht, zeigt sich die CDU-Landtagsfraktion vorsichtig offen. Die demokratischen Parteien stehen vor einem Dilemma: Wie geht man mit einer Partei um, deren Führung problematisch, deren Wählerschaft aber teilweise erreichbar scheint? Diese Frage beschäftigt nicht nur Brandenburg – sie könnte die politische Landschaft bundesweit verändern.