Die Spannung zwischen Bund und Ländern in der Asylpolitik nimmt weiter zu. Trotz des Oberverwaltungsgerichtsurteils, das die Zurückweisung von Asylsuchenden an der deutschen Grenze in Frage stellt, hält Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) an der Praxis fest. «Die Zurückweisungen sind ein wichtiger Baustein für eine Begrenzung der irregulären Migration», erklärte er gestern in Wiesbaden.
Bereits seit Mitte Oktober werden Asylsuchende an deutschen Grenzen abgewiesen, wenn sie aus einem anderen EU-Staat einreisen möchten. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte jedoch vor kurzem entschieden, dass dies gegen geltendes Recht verstoßen könnte. Dennoch bleiben Bund und Länder bei ihrer harten Linie.
Die Zahlen, auf die sich Poseck stützt, sind beachtlich: Seit Einführung der Grenzkontrollen wurden über 30.000 Menschen an der Einreise gehindert. Für Hessen bedeutet das eine spürbare Entlastung bei der Unterbringung von Geflüchteten, wo viele Kommunen seit Monaten an ihre Grenzen stoßen.
«Wir können nicht weiter unbegrenzt Menschen aufnehmen», betonte Poseck und verwies auf die angespannte Situation in hessischen Aufnahmeeinrichtungen. Als ich im letzten Monat eine dieser Einrichtungen bei Frankfurt besuchte, wurde deutlich: Die Mitarbeitenden leisten Enormes, aber die Ressourcen sind knapp.
Der Flüchtlingsrat Hessen kritisiert diesen Kurs scharf. «Das ist ein klarer Rechtsbruch und missachtet grundlegende Asylrechte», sagte Sprecherin Sophia Weber. Sie fordert eine sofortige Rückkehr zu rechtsstaatlichen Verfahren.
Die Bundesregierung will trotz des Urteils an den Zurückweisungen festhalten und bereitet eine Revision vor. Für die Menschen an den Grenzen bedeutet dies weitere Unsicherheit. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob der rechtliche oder der politische Wille die Oberhand gewinnt.