Nach dem gestrigen Warnstreik in Berlin sind die Auswirkungen heute noch in vielen Familien spürbar. Rund 12.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst hatten am Mittwoch die Arbeit niedergelegt. Betroffen waren vor allem Kitas, Schulen und Jugendämter – etwa 15.000 Kinder konnten nicht wie gewohnt betreut werden. Die Gewerkschaft Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens jedoch 500 Euro mehr für die Landesbeschäftigten.
«Es geht nicht mehr anders», sagte Silke Schmidt, Erzieherin in Lichtenberg, während der Kundgebung vor dem Roten Rathaus. «Mit meinem Gehalt komme ich in Berlin kaum über die Runde, während die Mieten weiter steigen.» Viele Kolleginnen nickten zustimmend. Der Arbeitskampf traf besonders berufstätige Eltern hart, die kurzfristig Betreuungslösungen finden mussten.
Die Tarifverhandlungen laufen seit Wochen. Die Arbeitgeberseite bietet bisher 5 Prozent über drei Jahre – für Verdi völlig unzureichend angesichts der Inflation. «Wir sehen täglich, wie die Stellen unbesetzt bleiben», erklärte Christine Behle, stellvertretende Verdi-Vorsitzende. «Berlin kann sich keinen weiteren Qualitätsverlust bei der Kinderbetreuung leisten.»
Als ich am Morgen durch Kreuzberg lief, traf ich auf Eltern, die sich spontan zusammengeschlossen hatten, um ihre Kinder abwechselnd zu betreuen. Diese Solidarität beeindruckte mich – sie zeigt aber auch die Notlage vieler Familien.
Die Gespräche gehen am Freitag weiter. Sollte es keine Einigung geben, drohen weitere Streiks im Januar. Die Frage bleibt: Wie viel ist uns die Arbeit jener wert, die täglich unsere Kinder betreuen und ausbilden? Für viele Berliner scheint die Antwort klar – sie unterstützen die Streikenden trotz der Unannehmlichkeiten.